Persönliche Ressourcen

Uns allen stehen bestimmte Ressourcen zur Verfügung, unsere ganz persönlichen Kraft- und Energiequellen. Das sind Fähigkeiten, Strategien und Potenziale, die wir nutzen können, um persönliche Ziele zu erreichen, Krisen zu meistern und um gesund zu werden und zu bleiben.

Dazu gehören innere Ressourcen wie körperliche und mentale Gesundheit, Belastbarkeit, Entspannungsfähigkeit, Selbstwertgefühl, Resilienz oder Humor. Außerdem kognitive Fähigkeiten wie analytisches Denken, Kreativität und Selbstreflexion und motivationale Kraftquellen wie persönliche Ziele, Werte und positive Erinnerungen. Äußere Ressourcen können soziale Netzwerke und Beziehungen, finanzielle Sicherheit, kulturelle und spirituelle Praktiken oder Hobbies sein.

Gerade in stressigen Phasen oder bei psychischen Erkrankungen geht der Blick auf die eigenen Ressourcen oft verloren. Für mehr Stabilität, Fokus und Energie ist es wichtig, Deine persönlichen Ressourcen zu erkennen, sie zu pflegen und sie gezielt im Studienalltag einzusetzen. Hier sind ein paar Anregungen für Dich

Praktische Tools, die Dich dabei unterstützen, stabil durchs Semester zu kommen, haben wir hier für Dich zusammengestellt.

Finde Strategien zur Stressbewältigung und kultiviere Selbstfürsorge


Stress im Studium ist unvermeidlich – sei es durch äußere Faktoren wie Prüfungsphasen oder durch innere Stressoren wie Überforderungsgefühle und Selbstzweifel. Besonders Studierende mit psychischen Erkrankungen oder Neurodivergenz erleben diesen Stress oft noch einmal verstärkt. Stress ist nicht nur negativ: er warnt uns, wenn wir unsere Kräfte überbeanspruchen, und macht uns bis zu einem gewissen Grad auch leistungsfähiger. Entscheidend ist vor allem, wie wir mit ihm umgehen. Wie ist es um Deine zeitlichen, körperlichen und mentalen Kapazitäten bestellt? Welche Antistress-Strategien nutzt Du in Deinem Alltag? Welche davon tun Dir gut, welche nicht?

Wenn Du Dein überaktiviertes Nervensystem regelmäßig regulierst, macht Dich das widerstandsfähiger gegen Stress. Schaffe Dir ausreichend Ausgleich zum trubeligen Unialltag und finde Strategien, die Dir wirklich und nachhaltig guttun. Sorge für einen angenehmen Wechsel von Aktivierung und Erholung. Nimm Dir bewusst Zeit für Ruhepausen, Reflexion, Hobbies, soziale Kontakte und Bewegung. Entspannungstechniken und Achtsamkeitsübungen bieten langfristig Unterstützung und helfen Dir, gelassener mit Stress umzugehen. Das können kurze Atemübungen, Yoga, Meditation oder Progressive Muskelentspannung sein (oft bieten Hochschulen oder Krankenkassen Kurse und Workshops zu diesen Themen an). Auch kleine Alltagsrituale wie Musik hören, Spaziergänge, (Dankbarkeits-)Tagebuch schreiben, die Lieblingsserie schauen oder bewusste Offline-Zeiten unterstützen.

Psychische Erkrankungen und Neurodivergenz können sich auf verschiedenste Weise auf Antrieb und Motivation auswirken. Ein hilfreicher Gedanke: auf Energie musst Du nicht warten, Energie kannst Du auch aktiv genieren. Du wirst nicht jeden Morgen motiviert aufstehen, aber vielleicht startet es sich besser in den Tag, wenn Du eine Runde zu Deinem Lieblingssong tanzt, mit dem Fahrrad zur Uni fährst oder Dich schon am Vortag für die Mittagspause mit Deinen Lieblingskommiliton*innen verabredest? 

Ein wertvolles Tool ist auch das Selbstmitgefühl: sich selbst mit der Freundlichkeit und Fürsorge zu begegnen, die wir auch einem*r guten Freund*in entgegenbringen würden. Selbstmitgefühl schützt vor Ängsten und Depressionen, stärkt die Lebenszufriedenheit und emotionale Stabilität und fördert nachweislich emotionale Resilienz. 
Beobachte Deine Denkmuster: wie sprichst Du mit Dir und über Dich selbst? Hast Du unrealistische Erwartungen an Dich selbst oder andere? Zu hohe Ansprüche erzeugen Druck – es muss nicht immer alles perfekt sein, oft reicht „gut genug“. Selbstmitgefühl hilft Dir, weniger hart mit Dir selbst zu sein, Fehler besser zu akzeptieren und stressfördernde Denkweisen zu verändern. Versuche, Dich nicht mit Studierenden ohne Beeinträchtigungen zu vergleichen, sondern erkenne Deine eigenen Fähigkeiten an und feiere Deine Erfolge. Das stärkt Deine Selbstwirksamkeit und ermöglicht Dir, Stressoren eher als Herausforderungen zu sehen, die Du bewältigen kannst. 

Karlsruher Institut für Technologie: Rückenwind – was Studis gegen Stress tun können
TED Talk: Kristin Neff, The Space Between Self-Esteem and Self Compassion (englisch, deutsche Untertitel verfügbar)
Uni Hamburg: Achtsamkeit und Entspannung im Universitäts- und Arbeitsalltag
Stressreport der Techniker Krankenkasse, 2025

Schaffe Dir ein soziales Netz

Vielleicht hast Du Heimweh und fühlst Dich allein, weil Du neu in der Stadt bist. Dir fällt es schwer, neue Leute kennenzulernen oder Du findest in Deinen Kursen oder im Wohnheim nicht so recht Anschluss? Das ist erst einmal nichts Schlimmes und ganz normal. Auch wenn kaum darüber gesprochen wird: jeder Mensch erlebt irgendwann im Leben Einsamkeitsgefühle. Umfragen zeigen, dass immer mehr junge Menschen unter Einsamkeit leiden und sich das negativ auf ihre Gesundheit auswirkt. Einsamkeit hat nichts mit der Anzahl der Menschen zu tun, die Dich umgeben, sondern mit Deinem subjektiven Empfinden der Qualität dieser Verbindungen.

Verbundenheit mit anderen Menschen zu erleben und sich gesehen zu fühlen ist ein menschliches Grundbedürfnis. Die Coronapandemie hat uns allen gezeigt, wie schmerzhaft es ist, wenn Nähe, Berührung und Gemeinschaft plötzlich fehlen. Einsamkeit verursacht Gefühle von Hilflosigkeit, Scham, Trauer und mangelndem Selbstwert. Vor allem wenn sie chronisch wird, kann sie krank machen – auch körperlich. Sie kann das Risiko einer psychischen Erkrankung verstärken, genauso können psychische Erkrankungen oft Phasen des sozialen Rückzugs und der Isolation auslösen. Menschen mit Beeinträchtigungen sind nachweislich öfter von Einsamkeitserfahrungen betroffen. 

Umso wichtiger ist es, ein soziales Sicherheitsnetz aufzubauen, das Dir Halt in dieser herausfordernden Studienzeit gibt. Erfüllende Kontakte zu anderen Menschen können die Bewältigung von Belastungen (z.B. Prüfungen) erleichtern und Dich vor den Auswirkungen von Stress und Überforderung schützen. Sie können Dir mit praktischer Hilfe und emotionaler Unterstützung zur Seite stehen, Dir zuhören, Dir Mut zusprechen, Dich zum Lachen und auf andere Gedanken bringen. 

Nicht mit allen Kontakten musst Du gut befreundet sein und über alles reden. Es ist erwiesen, dass auch die kleinen, alltäglichen Begegnungen, wie ein Plausch mit einer Nachbarin im Treppenhaus oder mit einem Kommilitonen in der Mensaschlange schon helfen können, sich besser angebunden zu fühlen. Verabrede Dich regelmäßig mit Menschen, die Dir guttun. Wenn es Dir schwerfällt, in Kontakt zu bleiben, kannst Du das auch kommunizieren und sie bitten, Dich öfter mal für einen Spaziergang oder ein Telefonat aus Deinem Schneckenhaus zu locken.

An der Hochschule kannst Du über Sprachkurse, Workshops der Studienberatung oder die Angebote zum Studieneinstieg in Kontakt kommen. Finde Lerngruppen oder Lernpartner*innen unter Deinen Mitstudierenden für gegenseitige Hilfe und Motivation, Verbindlichkeit und Austausch. Du kannst Dich auch an die psychologischen oder psychosozialen Beratungsstellen Deiner Hochschule wenden oder Angebote vom Studentischen Gesundheitsmanagement (SGM) in Anspruch nehmen. Außerhalb der Uni können Sportangebote, Hobby-Kurse und Vereine, Discord-Gruppen, Selbsthilfegruppen oder ehrenamtliches Engagement zu wohltuendem Austausch führen.

Ob und wie Du in diesen Begegnungen Deine psychische Erkrankung oder Neurodivergenz kommunizierst, liegt ganz bei Dir. Es ist absolut in Ordnung, wenn Du Deine Beeinträchtigung lieber für Dich behalten möchtest. Falls Du es sagst, kann das oft neue Möglichkeiten und mehr Verbindung schaffen. Zum Thema Sag ich’s? haben wir hier Anregungen für Dich zusammengestellt.

„Einsam oder alleine? Wege aus der Isolation“, Newsletter der ZSB der HAW Hamburg (deutsch und englisch)
Angebote bei Einsamkeit, Kompetenznetz Einsamkeit
Einsamkeitsbarometer: Langzeitentwicklung von Einsamkeit in Deutschland, Bundesministerium für Bildung, Familien, Senioren, Frauen und Jugend, 2024
Einsamkeitsreport der Techniker Krankenkasse, 2024

Packe einen Notfallkoffer

Wirst Du öfter von starken Gefühlen oder hohen Anspannungszuständen überwältigt? Dann schreib Dir in einem ruhigen Moment eine Liste mit Dingen, die Du tun kannst, um Dich in kurzer Zeit wieder selbst zu regulieren. Was beruhigt Dich, was stimuliert Dich, was bringt Dich auf andere Gedanken? Der Sinn der sogenannten „Skills“ ist es, über äußere Reize Abstand von den Emotionen oder der Anspannung zu gewinnen und dadurch aufwühlende Situationen zu entschärfen. Wenn dann mal wieder so ein herausfordernder Moment kommt, kannst Du Dir einen oder mehrere Punkte von der Liste aussuchen und mit ihrer Hilfe aus der Überforderung wieder in die Selbstwirksamkeit kommen. Das funktioniert auch gut in Prüfungssituationen.

Das können Dinge sei wie …

  • aktiv werden (aufräumen, ins Kino gehen, basteln, heimwerken, Musik machen, spazierengehen, mit Freund*innen verabreden…)
  • Gedanken umlenken (Stadt-Land-Fluss, puzzeln, Tagebuch schreiben, Einkaufszettel schreiben, mit links zeichnen…)
  • entspannen (meditieren, Progressive Muskelentspannung nach Jacobsen, in die Sauna gehen, Tapping (EFT), eine Achtsamkeitsübung machen, Tee trinken und im Lieblingsbuch lesen…)
  • Deine Sinne reizen (Brausetablette in den Mund nehmen, Wechselduschen, Gummiband ans Handgelenk schnipsen, laut Musik hören und wild tanzen, auf eine Chili beißen, Pfefferminzöl riechen..)

Du kannst auch einen kleinen Notfallkoffer packen, den Du mit Deinen Lieblingsskills füllst und den Du immer bei Dir trägst.

Eine gute Inspiration für Deine Liste bieten die Skillstraining-Listen aus der DBT (Dialektisch-Behaviorale Therapie, eine Form der Verhaltenstherapie).
Skills-Sammlung, Fachklinik Allgäu

Und wenn gar nichts mehr geht…

Manchmal hilft die beste Planung, das beste Stressmanagement nichts, z.B. wenn Deine Erkrankung Dir einen Strich durch die Rechnung macht und plötzlich alles anders ist. Hör in Dich hinein und suche Dir Unterstützung – Deine Gesundheit sollte immer an erster Stelle stehen!
Es gibt die Möglichkeit, Dich für ein Semester beurlauben zu lassen um Dich ganz in Ruhe um Deine Gesundheit kümmern zu können (bitte beachte, dass in Urlaubssemestern aufgrund von Erkrankung kein Anspruch auf BAfÖG besteht). Du kannst Dich erholen, Dir einen Klinik- oder Therapieplatz oder unterstützende Maßnahmen wie Ergotherapie oder Ambulante Sozialpsychiatrie (ASP) organisieren. Dabei unterstützen Dich die psychologischen oder psychosozialen Beratungsstellen Deiner Hochschule.

Hilfreiche Links

Praktische Tools, die Dich dabei unterstützen, stabil durchs Semester zu kommen, haben wir hier für Dich zusammengestellt.

Viele interessante Anregungen, Informationen und Erfahrungsberichte findest Du auch im „Ratgeber Mental Health“von Zeit Campus (auch digital verfügbar) 

Podcast-Reihe der Uni Heidelberg mit Berater*innen der Zentralen Studienberatung zu Themen wie Selbstorganisation, Lernstrategien, Studienzweifel, Prokrastination und Prüfungsangst: HEIPOD der Uni Heidelberg



Diese Seite wurde zuletzt aktualisiert am 05.12.2025